It’s the great, big, broad land‚ way up yonder,
It’s the forests where silence has lease;
It’s the beauty that thrills me with wonder,
It’s the stillness that fills me with peace.
(Robert Service – The Spell of the Yukon – The Best of Robert Service, McGraw-Hill Ryerson)
Langsam verlässt mich die Anspannung. Wir liegen in den Schlafsäcken in unserem Zelt ca. einen halben Kilometer vor dem offiziellen Trailhead des Chilkoot-Trails. Alles hat bisher wie geplant geklappt, auch wenn sich vieles gegenüber meinem ersten Mal vor 15 Jahren geändert hat; manches zum besseren (Anreise nach Skagway und weiter nach Dyea, Rückreise nach Whitehorse), manches zum schlechteren (Einreise nach Alaska, Quotensystem auf Trail), manches einfach anders (halb Skagway besteht nun scheinbar aus Juweliergeschäften für die Kreuzfahrtgäste, es gibt nun eine Lodge am Trailhead in Dyea). Die Belehrung bei der Registrierung ist gleich geblieben, dafür gibt es nun einen offiziellen Bus zum Trailhead in Dyea.
Ein Rest von Unsicherheit bleibt jedoch; werden mein linkes Knie und der rechte Knöchel den 3-Tages-Trail durchhalten? Meine Gedanken gehen an den Abend des 8. November vor knapp 3 Jahren zurück. Ich höre noch das zischende Geräusch, mit dem das Seil am Umlenkpunkt in 9 m Höhe durch meinen Sitzgurt rutscht; dann eine Momentaufnahme auf halber Höhe und nach dem Aufprall am Boden der Kletterhalle mein Versuch sofort aufzustehen, während alle rund um mich herum schreien: Bleib liegen. Ein zerschmetterter linker Fersenknochen (7 Teile), eine komplett zertrümmerte linke Kniescheibe (auf dem Röntgenbild 16 Bruchteile gezählt und Rest Knochensand) und die offene Luxation des linken Daumens. Es folgen anderthalb Monate im Spital zwischen Orthopädie und Rehabilitation, dann nochmal anderthalb Monate mit Gips an beiden Beinen und dann der schmerzhafte Wiederanfang. Sechs Monate nach dem Unfall weitere gesundheitliche Probleme, die dazu führen, dass die Drähte erst vor anderthalb Jahren aus dem Knie entfernt werden konnten. In diesen anderthalb Jahren habe ich meine Beine zwar auf Tagestouren in die heimatlichen Berge getestet, aber dies ist die erste Mehrtagestour mit schwerem Rucksack, die ich unternehme. Bald schlafe ich trotz der leichten Sorgen ein.
Am nächsten Morgen – es ist der 10. August – geht es los. Wir brauchen noch unsere Zeit bis wir startbereit sind, aber dann ist es soweit. Nach einem halben Kilometer erreichen wir den offiziellen Startpunkt mit dem Verzeichnis der Wanderer. Das kleine Dach über dem Schild ist moosbewachsen. Das obligatorische Foto wird gemacht. Dann geht es auch gleich zur Sache. Der Trail beginnt mit einem steilen Anstieg, dem gleich darauf der ebenso steile Abstieg folgt. In dieser Tonart geht es den Taiya River entlang. Der Himmel ist wolkenverhangen; vor fünfzehn Jahren, als ich den Trail das erste Mal gemacht habe, lachte die Sonne vom Himmel. Nicht, dass ich mich so genau daran erinnern würde, aber ich habe mir vor der Reise meine damaligen Fotos durchgesehen. Im weiteren Verlauf der Wanderung stelle ich weitere Änderungen fest. Der Verlauf des Trails durch das Tal des Taiya Rivers ist zwar gleichgeblieben, aber der Trail selber ist in besserem Zustand, es gibt eine Hängebrücke und Bohlenstege durch den Sumpf. Fast wie in Nordschweden. Nach 8 km kommen wir an Finnegan’s Point vorbei. Heute steht da ein Blockhaus, aber vor über 100 Jahren während des Goldrausches stand hier eine Zeltstadt mit bis zu 75 Zelten, davon ein Hufeisenschmied, ein Saloon und ein Restaurant. Der Spuk dauerte jedoch nur kurz; vom Höhepunkt im Herbst 1897 nahm die Anzahl der Zelte bereits während des Winters ab und im Sommer ’98 war Finnegan’s Point schon wieder verlassen. Wenn sich die Wolken etwas heben, können wir die Hängegletscher an der anderen Talseite erahnen. Vier Kilometer weiter das gleiche Bild: Canyon City, ein Campsite mit kleinem Blockhaus. Ein kleines Stück weiter die Abzweigung zu den Ruinen von Canyon City auf der anderen Flussseite. Im May 1898 hatte Canyon City über 1500 Einwohner und war Endstation von verschiedenen Frachtseilbahnen. Als Besonderheit wies die Kleinstadt sogar elektrisches Licht auf. Ein Jahr später war Canyon City schon wieder eine Geisterstadt. Sic transit gloria mundi.
Der Chilkoot Trail ist nicht nur deshalb eine Reise in die Vergangenheit, weil ich ihn bereits einmal vor 15 Jahren gemacht habe und dies damals meine erste selbst organisierte Trekkingreise nach Nordamerika war, sondern weil man bei Schritt und Tritt auf die Zeugen des Goldrausches von 1898 stößt. Wer kennt nicht den Goldrausch von ’98 am Klondike? Charlie Chaplins bekannter Film „Goldrausch“ ist von dem Foto mit einem langen Zug von Goldgräbern, die den winterlichen Chilkoot Pass hinaufsteigen, inspiriert worden. Die Romane „Ruf der Wildnis“ und „Wolfsblut“ von Jack Londen spielen im Yukon zur Zeit des Goldrausches. Aber der Trail war schon lange vorher von den Indianern genutzt, wobei es auch damals schon Monopole gab: die Chilkat, ein Zweig der Tlingit-Nation, kontrollierten den Handel über den Pass, bei dem Pelze von den Stick-Indianern gegen Fischöl und andere Seeprodukte getauscht wurden. Später kamen die Briten und Kanadier der Hudson’s Bay Company und dann die Goldsucher. Bald hatten die Chilkat die Kontrolle über den Pass verloren. Schon seit den frühen siebziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts wurde Gold in dem Gebiet gefunden, wenn auch in kleineren Mengen. Es wurde immer mehr Gold gefunden, es wurde ein alternativer Zugang zum Binnenland über den Whitepass gefunden, aber es dauerte bis 1896, bevor der große Hauptfund gefunden wurde. Am Rabbit Creek, einem kleinen Seitenbach des Klondike River, machten Carmack, sein Schwager Skookum Jim und Tagish Charley den großen Fund, der den Goldrausch am Klondike, auslösen sollte. Die Nachricht des Goldfundes erreichte Seattle erst ein Jahr später, im Juli 1897, und sofort starteten Massen nach Norden, um ihr Glück zu suchen, das jedoch nur wenige fanden. Es sollte dies der letzte große Goldrausch Nordamerikas sein.
Unser heutiges Ziel ist noch 8 km entfernt und so verzichten wir auf einen Besuch von Canyon City auf der anderen Flussseite. Der Trail windet sich weiterhin durch den Wald in stetigem auf und ab. Der Wald, obwohl er in unseren Augen ziemlich urwaldhaft aussieht, ist jedoch ein sogenannter „second growth“ Wald; zur Goldgräberzeit war jeder Baum im Umkreis bis nach Lake Lindeman auf kanadischer Seite abgeholzt, für Häuserbau, Brennholz, Seilbahnbau und Bau von Booten und Rafts. Kurz vor Sheep Camp treffen wir auf eine Trailcrew, die den Trail instandhält; die einzigen Menschen, die wir den ganzen Tag lang gesehen haben. Erst im Camp wird es wieder etwas lebendiger. Das Camp wurde in der Zwischenzeit ca. 1 km flussaufwärts verlegt und mit Holzplattformen für die Zelte versehen. Wir nehmen eine in Beschlag und stellen unser Zelt auf; mein altes rotes Tunnelzelt sticht inmitten der anderen Kuppelzelte in gedeckten Farben doch heraus. Anschließend stelle ich mich mit aufgekrempelten Hosen in den Tayia River, der hier eher ein Creek ist, und lasse das kalte Wasser meine Knie und Knöchel kühlen. Anfangs fast nicht auszuhalten, aber dann lässt der Schmerz nach und ich bleibe fast 10 Minuten im Wasser. Mir hat (Eises)kälte immer geholfen bei Entzündungsschmerzen und auch dieses Mal habe ich den Eindruck, dass es mir gut getan hat. Während ich meine Füße kühle, sind andere Hiker am Ufer dabei Wasser aus dem Creek in einen Kochtopf zu filtern. Angst vor Giardia. Später sehe ich, wie sie in dem Wasser Nudel kochen. Naja, doppelt genäht, hält besser.
Um sieben gibt es die obligatorische Belehrung durch den Ranger, diesmal eine Rangerin. „Es wurde ein Schwarzbär in der Nähe gesehen, also alle Vorsichtsmaßnahmen bei der Aufbewahrung der Vorräte beachten. Morgen sehr früh starten, am besten um sechs Uhr; sieben Uhr allerspätestens. Es ist lange und anstrengend über den Pass; manche Leute brauchen 12 Stunden bis Happy Camp“. An den Ermahnungen hat sich in fünfzehn Jahren nichts geändert. Aber ich kann die Ranger verstehen; es ist nichts Unübliches hier, die Parkverwaltung zu verklagen, falls irgendetwas schief geht. Die Ranger bleiben also sicherheitshalber immer auf der vorsichtigen Seite. Wir vereinbaren, um sechs Uhr aufzustehen, so dass wir gegen sieben/halb acht starten können. Es sind ca. 2500 ft (ungefähr 850 Hm) bis zum Pass und nur der letzte Anstieg ist weglos; wir sollten also problemlos in 3 Stunden am höchsten Punkt sein.
Bald liegen wir in unseren Schlafsäcken. Das Ibuprofen vom Morgen und das kalte Bad im Creek haben gewirkt; Knie und Knöchel schmerzen etwas, aber nicht mehr als sonst auch nach einer Bergtour.
Um sechs Uhr geht der Wecker der Armbanduhr ab; von draußen hören wir bereits allseits Geschäftigkeit. Heute sind wir schon etwas schneller als gestern mit Frühstück und Zeltabbau und Packen. Wir starten zwar nicht um 7 Uhr, aber immerhin um viertel nach sieben. Trotzdem sind wir die letzten; die Ratschläge der Rangerin haben anscheinend gefruchtet. Das Wetter ist weiterhin bescheiden und es sieht aus, als ob es jede Sekunde zu regnen beginnen würde. Bereits eine Stunde nach Start überholen wir die ersten; am letzten Anstieg zum Pass überholen wir die letzten, die vor uns gestartet sind.
Dieser Teil des Chilkoot Trails ist das Herzstück; hier haben sich die Tragödien abgespielt und die Spreu vom Weizen getrennt. Unsere Rucksäcke wiegen ca. 15 kg und wir sind im Sommer unterwegs. Damals aber hatte die königliche berittene kanadische Polizei (Royal North-West Mounted Police, kurz Mounties) die Passhöhe in Besitz genommen, einerseits um den eigenen territorialen Anspruch zu untermauern und andrerseits um die Ströme von Goldsuchern zu kontrollieren und eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Aus letzerem Grund verlangten die Mounties, dass alle Goldsucher mindestens eine Tonne an Ausrüstung und Lebensmittel („a ton of goods“) mit sich führen mussten. Ansonsten wurden sie nicht in den Yukon gelassen. Wer Geld hatte, engagierte indianische Träger oder vertraute seine Ausrüstung einer Materialseilbahn an; alle anderen mussten den Weg mindestens 20 Mal machen und dabei jedes Mal bis zu 45 kg (100 Pfund) den Pass hinaufschleppen. Angesichts dieser Anforderungen sind einige Goldsucher bereits hier umgekehrt und haben ihre Habseligkeiten zurückgelassen. Wir treffen immer wieder auf Überreste von damals, die verrostet in der Gegend herumliegen. Es ist verboten, diese zu verrücken oder sogar mitzunehmen. In unregelmäßigen Abständen informieren Tafeln mit historischen Fotos über die Bedeutung einer bestimmten Stelle. Eine davon ist „The Scales“; hier wurde ein letztes Mal die Ausrüstung gewogen. Eine weitere Tafel steht am Fuße des letzten Anstieges; dieser ca. 45° steile Anstieg hatte den Namen „The Golden Stairs“. Zwei findige Unternehmer hatten damals im Frühjahr 1898 Stufen in den Schnee gehauen und verlangten dann Maut für deren Benutzung. Von dieser Stelle stammt auch das bekannte Foto mit der Menschenschlange; wer die Schlange verließ, um zu rasten oder Bedürfnissen nachzugehen, musste oft lange warten, bis er sich wieder in die Schlange einreihen konnte.
Bevor wir den Anstieg in Angriff nehmen, kommen die Gore-Tex-Klamotten aus dem Rucksack, da es zu nieseln beginnt. Es kommt Nebel auf und die Sicht hat sich soweit reduziert, dass wir gerade von einer Markierungsstange zur nächsten sehen. Als berggewohnte Wanderer bringt uns der steile Anstieg über die Steinblöcke zwar etwas ins Schwitzen (besonders in den Gore-Tex-Klamotten), ist aber ansonsten nicht so schlimm. Unsere Wanderstöcke sind hilfreich und im Nebel sieht mein Freund, der etwas vor mir geht, aus, wie eine Riesenspinne mit vier Beinen. Wir erreichen den ersten der drei False Summits. Der Pass verengt sich; auch hier liegen verrostete Überreste der Seilbahnen herum. Schlussendlich nach zwei Stunden ab Start sind wir am Pass. Die Hütte der Mounties liegt links von uns, etwas höher. In der Hütte wärmen wir uns etwas auf und bekommen vom kanadischen Ranger heißen Tee serviert. Die Ranger stehen mit den amerikanischen Kollegen in Sheep Camp in Verbindung und kümmern sich darum, dass auch alle den Pass erreichen. Ich verstehe inzwischen auch, warum manche bis zu 12 Stunden brauchen. Für manch einen ist dies die erste ernsthafte Wanderung und einige haben noch Außengestellrucksäcke in Verwendung. Wir machen schnell Platz für nachkommende Hiker und gehen weiter. Jetzt beginnt der schönste Teil des Trails. Anfangs können wir auf Schneefeldern bequem abrutschen; dann taucht der Weg aus den Schneeresten auf. Bald klart das Wetter auf und die Sonne kommt heraus und das Gore-Tex in den Rucksack. Wir sind deutlich ober der Waldgrenze und das Gelände erinnert stark an das schwedische Fjäll. Seen, blankpoliertes Gestein, dann langsam etwas Grün und erste Blumen. Nach insgesamt vier Stunden erreichen wir Happy Camp (2 Stunden bis zum Pass, 2 bis zum Camp). Abwärts sind wir immer etwas langsam; ich wegen meiner Probleme mit den Beinen und Bernd wegen seiner Bandscheiben. Auch in Happy Camp wurden inzwischen Holzplattformen für die Zelte errichtet. Wir rasten kurz auf der Veranda der Nothütte; hier hatte ich letztes Mal einen Pika (Pfeifhase) gefüttert. Als die nächsten Wanderer kommen, machen wir uns wieder auf den Weg. Wir sind anscheinend die Einzigen, die weiter gehen. Unterwegs finden wir auch eine neue Termarest-Matratze. Liegt mitten auf dem Weg; muss jemandem unbemerkt vom Rucksack gefallen sein. Bernd bindet sie auf seinen Rucksack, mit der Absicht diese bei den Rangern in Lindeman City abzugeben. Es ist wunderschön; grüne Bergseen leuchten in der Sonne und es ist nun angenehm. Nicht zu warm und nicht zu kalt. Kein Vergleich zu den Verhältnissen, die die Goldsucher vor über hundert Jahren hier antrafen. Bis Deep Lake bleibt es hochgebirgsartig, dann beginnt der Weg so langsam wieder in den Wald einzutauchen. Es ist lichter Zirbenwald, nicht der dichte boreale Regenwald der alaskanischen Seite. Der Weg gleicht hier teilweise einer Promenade; die Luft hat sich nun aufgeheizt und wir wirbeln auch Staub auf. Plötzlich bricht mein Wanderstock und ich falle beinahe. Unbemerkt hat sich ein Segment bis zur Schraubverbindung herausgezogen, wahrscheinlich als ich an einem Wurzelstück hängen blieb, und als ich den Stock dann belaste, bricht die Schraubverbindung. Aber zum Glück nichts passiert. Die Stücke meines Stockes kommen an den Rucksack und Bernd leiht mir einen seiner Stöcke. Ich bin der Fußlahmere von uns beiden. Das letzte Stück bis Lindeman City zieht sich nun, aber wir halten durch. Nach ca. 9 Stunden erreichen wir Lindeman City. Insgesamt sind wir jetzt doch etwas erschöpft. War ein langer Tag. Wir geben die Termarest-Matratze bei den Rangern ab und bauen unser Zelt am gleichen Platz auf, wie ich vor 15 Jahren. Nach dem Abendessen bringen wir unsere Verpflegung und was sonst noch Bären interessieren könnte, in den bärensicheren Containern unter. Vor 15 Jahren gab es nur einen Holzmasten, an dem man den Sack mit der Verpflegung bärensicher in die Höhe ziehen konnte. Anschließend besuchen wir das Museumszelt und Bernd lässt sich dort auch ein Diplom über die Bewältigung des Chilkoot Trails ausstellen. Ich habe noch eines vom letzten Mal. J Auf den Fotos im Zelt sieht man, dass die Umgebung seinerzeit vollkommen abgeholzt war. Wo sich heute der Wald ausbreitet, gab es damals keinen Zahnstocher mehr. Im Frühjahr war damals der See mit allen möglichen Arten von schiffbaren Untersätzen aus Holz übersät; die Goldgräber warteten auf das Aufbrechen des Eises, um dann den Lindeman Creek bis Lake Bennett und weiter zum Yukon zu befahren. Kein ungefährliches Unterfangen; bereits in den Stromschnellen zwischen Lindeman Lake und Lake Bennett war für manch eines dieser leckenden Gefährte Endstation.
Heute verzichte ich auf ein Kneippbad im See; die Beine schmerzen zwar, aber das schlimmste ist geschafft.
Am nächsten Tag geht es wieder früh los, da wir den Zug um 12:00 h erreichen müssen. Die Sonne scheint bereits früh vom blauen Himmel. In leichtem Auf und Ab geht es, den Lindeman Lake immer in Sichtweite, durch lichten Wald; erst ab ca. 3/4 Wegstrecke verlieren wir den See aus dem Blick. Wir hören bereits den Zug pfeifen und wandern zeitweise am alten Bahndamm entlang. Über einen Hügelrücken (mit Sanddünen und einer alten Blockhütte) erreichen wir den Aussichtspunkt mit dem ersten Blick auf den Lake Bennett und etwas später auf Bennett selbst. Ein letzter Abstieg bringt uns an der historischen Kirche vorbei nach Bennett.
Angekommen.
Im Bahnhofsgebäude in Bennett gibt es einen eigenen Speisesaal mit Sondermenü für Chilkoot Hiker (Can$ 20,00 für Suppe, Stew, Kuchen, Wasser und Kaffee; Nachschlag so viel man will). Im Zug, der pünktlich um 12:15 h startet (Traintime, entspricht Alaskan Time, nicht lokale Zeit), ist ein eigener Wagon für die Hiker reserviert. Ein historisch gekleideter Schaffner bringt die Rucksäcke im Gepäckwagen unter und kontrolliert dann im Zug die Tickets. Gemütlich geht es nun 2 Stunden den Lake Bennett entlang bis nach Carcross. Mittendrin passieren wir die Grenze von British Columbia nach Yukon. Ein Schild auf einer Insel im See weist darauf hin. Ein passender Abschluss des Trails. Vor 15 Jahren fuhr der Zug nur zurück nach Skagway, der Teil nach Carcross war damals noch nicht wieder in Betrieb genommen gewesen. Der Zug fährt nur zweimal die Woche nach Carcross, die anderen Tage fährt er von Carcross kommend nach Skagway; dann ist die Abfahrtszeit um 14:00 h.
Abends sind wir schon wieder in Whitehorse. Zum Abschluss des ersten Teils unserer Reise gönnen wir uns ein gutes Abendessen mit Steak und Arctic Char (Seesaibling). Am nächsten Tag werden wir zur Fortsetzung starten; mit dem Kanu den Yukon hinunter bis Dawson City. Aber das ist eine andere Geschichte. Insgesamt ein toller Trail, vor allem was die kanadische Seite angeht. Kurz (53 km), historisch interessant, einfach (nur Aufstieg zum Pass weglos und steil), viele machen den Trail in 3 1/2 Tagen (Start - Sheep Camp - Happy Camp - Bare Loon Lake - Bennett), wodurch das anstrengendste Stück über den Pass kürzer ist. Der Campplatz am Bare Loon Lake ist auch wunderbar gelegen, sogar mit Mückenzelt. Der Trail und die gesamte Logistik kann vorab über Internet problemlos organisiert werden. Alles in allem würde ich den Trail für Anfänger empfehlen. Mit Anfänger ist nicht jemand gemeint, der keine Wandererfahrung hat, sondern jemand der bisher eher organisierte Treks gemacht hat und nun auch einmal eigenständig etwas unternehmen möchte. Allen viel Glück.
Der Trail war es wert ein zweites Mal gemacht zu werden. |