Wer
erwartet, hier in Grönland den klassischen nordischen
Trail à la Kungsleden zu finden wird, was die
Trailverhältnisse
angeht, überrascht werden. Der Trail ist meist eine
etwas bessere Fussspur, wenn auch gut mit Steinmännchen
markiert. Zeitweise verliert sich der Trail, kann aber relativ
leicht, bei etwas Kartenvertrautheit, wieder gefunden werden.
Probleme könnte es an zwei, drei Stellen nur bei sehr
starkem Nebel geben;
ein Problem, das wir (Burchard und ich) nicht hatten, da
das Wetter meist gut war (zwischendurch mal einen Regenguss,
so z.B. auf dem Amitsorsuaq, aber nichts tragisches). Die
Wanderung ist im Verhältnis zu den üblichen nordischen
Trails weitaus anstrengender, da an verschiedenen Stellen
mit dem schweren Rucksack von Grasbüschel zu Grasbüschel
oder über Boulder zu zu balancieren war. Die von allen
und in jedem Bericht (einfach mit Google nach Berichten über
den Arctic/Polar Circle Trail suchen) als die Schwierigkeit
schlechthin beschrieben, nämlich die Querung des
Itinneq (Ole's Lakseelv), war eher ein Witz. Als wir
ihn zu Gesicht bekamen, hielten wir ihn zuerst für
einen Nebenkanal des eigentlichen Flusses, so wenig eindrucksvoll
war er. Zu Zeiten der Schneeschmelze führt er sicher
mehr Wasser und ist damit auch
breiter und tiefer, möglicherweise auch mit mehr
Strömung,
in unserem Falle war er aber größtenteils knietief
(nur am gegenüberliegenden Ufer war er infolge von
Auswaschungen oberschenkeltief), ohne wahrnehmbare Strömung
und vielleicht 10-15 m breit.
Wir hatten zwar ein Zelt dabei und nutzten dies einmal (am
Ostufer des Qarlissuit), es wäre aber auch möglich
gewesen bis zur Hütte Katiffik am Amitsorsuaq zu wandern.
Von der Hütte aus paddelten wir in einem der dort vorgefundenen
Kanus bis zum Kanu-Center auf einer Landzunge des Amitsorsuaq
gelegen. Die Kanus sind Überreste ebendieses Kanu-Center
und stehen zur freien Verfügung (inkl. Paddel und Schwimmwesten).
Wer sicher gehen will, ein Kanu benutzen zu können, gehe
den Trail in der Gegenrichtung von Westen nach Osten; während
an der Hütte Katiffik nur insgesamt drei Kanus lagen
(nach unserer Abfahrt und der von zwei Bayern) blieb noch
eines übrig), lagen am westlichen Abflusses des Sees
mindestens neun Kanus verteilt an
Lande. Zu den Hütten ist zu sagen, dass diese unterschiedliche
Größe hatten (von 14 bis 4 Schlafstellen, mit innenliegendem
WC oder auch nicht, mit Ölheizung oder ohne); eine Garantie,
in den Hütten Platz zu finden gibt es nicht, wenn auch
ein früher Start mit entsprechend früher Ankunft
die Wahrscheinlichkeit erhöht. Gegen Ende des Sommers
können die WC's voll und die Tanks der Ölöfen
leer sein!
Die Landschaft ist typisch nordisch, bei Sonnenschein ein
Traum (wenn auch manchmal von den Mücken getrübt),
bei Regen düster. Insgesamt für jeden, der vom nordischen
Virus befallen ist, eine Reise wert. Auch, da bei weitem nicht
so überlaufen wie z.B. Teile des Kungsled.
Wir haben das Skelett eines Moschusochsen (sowie vor dem Trail
bei einer
Radtour zum Inlandeis einen lebenden Ochsen), lebende und
tote Rentiere und einen Polarfuchs gesehen. Keine so schlechte
Ausbeute!
Ein paar Tage vor dem Trail in Kangerlussuaq und nach dem
Trail in Sisimiut runden bei schönem Wetter die Reise
ab und garantieren Ende August auch (fast) die Sichtung eines
Polarlichtes.
Last,
but not least: 2005 konnte man nur mit Greenland Air nach
Grönland fliegen; d.h. eher teuer und infolge der Abflug-
und Ankunftszeiten in Kopenhagen jeweils mit einer Übernachtung
dort vorbunden (Zusatzkosten). Einer der beiden
Bayern, die wir auf der Tour getroffen hatten, hatte ein Stand-by-Ticket:
er hat zwei Tage vor unserem Abflug damit begonnen auf dem
Flughafen zu warten und hat auch nach unserem Abflug noch
gewartet; da die Flüge nicht jeden Tag starten, hieß
das, er musste noch mindestens zwei Tage warten. Sieht aus,
als ob ein Stand-by-Ticket, selbst wenn man eines bekommt,
nicht die beste Wahl wäre!
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Grönland:
Arctic Circle Trail, Outdoor-Handbuch Band 137 - Der Weg ist
das Ziel, 1. Auflage 2004, David Kuhnert und Oliver Schröder,
Conrad
Stein Verlag, ISBN 3-89392-537-6 (enthält ausreichende
Information zum Trail; ich persönlich habe mir das Buch
zweimal gekauft und eines davon kannibalisiert, d.h. die für
mich interessanten Seiten herausgerissen und auf den Trail
mitgenommen; nicht unbedingt notwendig, da das Büchlein
ausreichend klein und leicht ist, um auch direkt mitgenommen
zu werden; empfehle jedenfalls auch topograpghische Karten
dabei zu haben; ich hatte folgende drei Karten mit, die bei
jeder Buchhandlung bestellt werden können:
Vandrekort
Vestgrønland Nr. 8 "Kangerlussuaq"
Vandrekort Vestgrønland Nr. 9 "Pingu"
Vandrekort Vestgrønland Nr. 10 "Sisimiut"
Die Karten
können auch direkt bei www.geobuchhandlung.de
oder Nordis
Versand bestellt werden.)
Outdoor
Magazin, Ausgabe September 2003, Seite
32 ff., Sport + Freizeit Verlag GmbH & Co. KG, ISBN
0-9632359-3-1 (netter Artikel über den Polar Circle Trail,
wenn er auch interessanterweise unter "Amerika"
aufgelistet ist, was zwar geographisch korrekt ist, aber ungewohnt,
da politisch zu Dänemark gehörend.
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