Ich
war die letzten drei Jahre (2000 - 2003) zu Schitouren in
Nordamerika (2 x Kanada und 1 x Kalifornien), so wollte ich
diesmal wo anders hin.
Nach
Katalogstudium verblieben vier Reiseziele übrig:
a) Türkei (klingt als Schitourenziel etwas exotisch,
das Taurusgebirge bietet aber anspruchvolle Schitouren mit
alpinem Charakter)
b) Rumänien
c) Polen (Hohe Tatra)
d) Rußland (Halbinsel Kola, Chibiny-Berge)
Jedes
Ziel hatte etwas verlockendes, schlußendlich siegte
aber meine Vorliebe für den Norden (die Halbinsel Kola
liegt nördlich des Polarkreises!, ein unschlagbares
Argument).
Dass ich mich für
Kola entschieden hatte, bedeutete aber noch nichts. Bis 3
Wochen vor Abreise hatte der Veranstalter noch nicht die
Mindestanzahl von Buchungen, um die Reise zu veranstalten.
Als feststand, dass die Reise durchgeführt würde, kam das
nächste Problem. Für die Teilnehmer aus Deutschland kümmerte
sich der Veranstalter um die Visaerteilung, ich musste mich
selbst darum kümmern. Ein Versuch irgendeine Vertretung Russlands
in Italien zu kontaktieren, blieb ohne Erfolg. Ich blieb
regelmäßig im Dschungel der automatischen Anrufbeantworter
hängen und musste mich schließlich an eine Agentur in Rom
wenden (diese wurde von den Anrufbeantwortern der Botschaften
und Konsulate empfohlen; ein Schelm, wer Schlimmes dabei
denkt). Über die Agentur erhielt ich dann das gewünschte
Visum (ca. € 70,00, ohne Eilzuschlag, soweit ich mich erinnere).
Damit stand der Reise nichts mehr im Wege.
Die Anreise nach
Kola war mit einem Kurzaufenthalt in St. Petersburg verbunden
(anderthalb Tage bei Hinreise, halber Tag bei Rückreise).
St. Petersburg war so richtig geeignet, um beide Seiten des
modernen Russlands sehen zu können (zumindest hatte ich diesen
Eindruck). Auf den Hauptstrassen konnte man von Geschäftsleute
westlichen Zuschnittes, gestylten Frauen bis hin zu armen
Muttchens alles sehen; die Gebäude, vor allem die touristisch
interessanten Gebäude waren renoviert bzw. wurden renoviert.
Ging man aber zwei Schritte weiter in die Nebenstrassen bekam
man ein ganz anderes Bild zu sehen. Die Passanten waren weniger
und alle ärmlich gekleidet, die Gebäude fast alle renovierungsbedürftig
und ungepflegt. Die Vorzeigefront von St. Petersburg war
jedenfalls einen Besuch wert.
Die Reise von St.
Petersburg nach Kirovsk auf Kola wurde im Zug (Liegewagen)
zurückgelegt und erstreckte sich über 1 1/2 Tage. Russisch-Karelien
ist eine typische Taigalandschaft (= verhungerte Bäume noch
und nöcher) mit zwischendurch einem Bahnhof (Die Bahnhofsschilder
interessanterweise zweisprachig, russisch in kyrillischer
Schrift und Finnisch). In Kirovsk angekommen, gab's eine
Begrüssung sowie die Möglichkeit uns umzuziehen, da die Weiterfahrt
(Transport) zu unserem Hüttenstützpunkt aussen auf einem
ausgemussterten Panzerfahrzeug erfolgen würde.
Das Panzerfahrzeug
gehörte einem früheren Militärangehörigen (Kasache?), der
das Fahrzeug ersteigert (?) hatte. Jedenfalls ein interessantes
Transportmittel; drei Personen konnten mit dem Gepäck im
Inneren des Panzers mitfahren, der Rest musste aussen drauf
sitzen. Insgesamt wie gesagt interessant, aber nicht sehr
komfortabel. Über den Pass Kukisvumchorr ging es zu den Kuelpor-Hütten
(frühere militärische Wetterstation), die unser Basislager
für die Tagestouren bilden würden. Der Komfort entsprach
ungefähr einer noch nicht renovierten AV-Hütte in den Alpen
mit Sauna am vorbeiführenden Bach, also mehr als akzeptabel.
Da wir bereits gegen
Mittag bei den Hütten waren, folgte nach einer kurzen Pause
bereits die erste Schitour auf den Mt. Rischorr (Tour 1 auf
der Karte). Am Gipfel windig, die Abfahrt mit variablem Schnee
(windgepresster Plattenpulver und richtiger Pulver in den
windgeschützten Bereichen). Am nächsten Tag ging es dann
über den Mt. Kuelporr (schöne Abfahrt in gutem Pulver) zum
Pass South Rischorr und weiter zum Mt. Kaskasniunchorr mit
nordseitiger Abfahrt zurück zu den Hütten (Tour 2). Wie im
weiteren Verlauf waren die Schneeverhältnisse variabel und
im Gipfelbereich bliess ein unangenehmer Wind.
Tour 3 führte uns erstmals auf die andere Talseite (Osthang) auf einen Rücken etwas nördlich des Pass North Chorrgor. Am Rücken angekommen hat es uns fast den Berg hinunter geblasen.
Am nächsten Tag ging es wieder wie am ersten Tag auf den Mount Rischorr, aber dann im Gegensatz zum ersten Tag auf der Rückseite hinunter zum Pass Umbozyorskiy, wo wir eine kurze Rast verbrachten. Am Gipfel war es zu windig. Eine leichte Abfahrt und in der Folge ein Gegenanstieg in leichtem Schneetreiben zum Pass North Rischorr. Die Abfahrt war dann gleich wie am zweiten Tag.
Am folgenden Tag schneite es stark. Wir fuhren daher mit Panzergefährt im Schneetreiben talaus und stiegen dann zum Pass South Chorrgor in leichter Steigung auf. Die Abfahrt glich einem Blindflug. Durch das nur mäßig steile Gelände war die Lawinengefahr nahe null. Der beste Schnee des gesamten Urlaubs. Kein Wunder, frischer Pulver. Nur die schlechte Sicht und das flache Gelände trübte etwas den Fahrgenuss.
Am letzten Tag ging es wieder Richtung Pass North Chorrgor, aber diesmal auf den südlich davon gelegenen Rücken. Die Abfahrt folgte nicht dem Aufstieg. Recht guter Schnee, mit heimtückischen Bereichen von Bruchharsch. Dies führte bei fast allen, mich eingeschlossen, zu kapitalen Flügen. Im Flachstück zurück zu den Hütten führte dann der faule Schnee zu einigen interessanten Stürzen.
Am nächsten Tag ging es im und auf dem Panzerfahrzeug zurück nach Kirovsk. Die beiden russischen Guides ließen sich vom Panzer ziehen (Panzerskijöring).
In Kirovsk stand dann der Besuch eines Gewächshauses auf dem Programm, bevor es im Kleinbus nach Murmansk ging. In Murmansk gab es dann klassische Sowjetarchitektur zu bewundern. Kubisch, praktisch, gut. Ähnlich dem Rationalismus anfangs des letzten Jahrhunderts, derin den 30iger Jahren ja auch bei den italienischen Faschisten sehr beliebt war. Hotel nicht schlecht, das Abendessen in einem Restaurant in der Nähe des Hafens ebenfalls nicht schlecht.
Am Morgen stand dann der Flug von Murmansk nach St. Petersburg auf dem Programm. Der kurze Aufenthalt in St. Petersburg sollte eigentlich für einen Besuch der Eremitage genutzt werden. Die langen Schlangen vor den Türen ließ uns dann aus Zeitgründen davon Abstand nehmen und statt dessen den Garten davor besichtigen.
Ein weiterer Flug brachte uns dann nach München, wo wir wohlbehalten (wie man so sagt) ankamen.
Alles in allem ein interessanter Schitourenurlaub, der sich deutlich von den Nordamerikatrips unterschied. Organisatorisch gelungen; die Bahnfahrt nach Kirovsk war zwar eintönig, gab aber einen Einblick in die karelische Taiga (Wald, Wald und nochmals Wald). Dürfte Finnland ähneln. Nicht unbedingt etwas für mich, bevorzuge Gelände oberhalb der Baumgrenze. Und wenn schon Bäume, dann die größere Variante wie z. B. in der High Sierra.
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